Vittoria Raffaela Aleotti 1575–1643 trat vierzehnjährig ins Kloster San Vito ihrer Heimatstadt Ferrara ein – ein fast alternativloser Weg für Frauen des 16. und 17. Jahrhunderts, die als Künstlerinnen nach Verwirklichung suchten. Auch außerhalb der Klostermauern erfuhr Aleotti als Komponistin und Ensembleleiterin große Anerkennung. Als Priorin hatte sie Kontakt zum berühmten Concerto delle Donne des Hofes von Ferrara und partizipierte so an den neuesten musikalischen Errungenschaften der seconda prattica, einer alternativen Kompositionspraxis, die Texte plastisch, lebendig und dramatisch durch die Musik ausdeutete. 

Der Grund, dass sich Cantus Thuringia, besonders spezialisiert auf die Barockmusik Mitteldeutschlands, einem rein italienischen Programm widmet, besteht darin, dass sich ein Exemplar der Ghirlanda de Madrigali im Bestand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar befand. Nach dem großen Brand von 2004 wurde diese Madrigalsammlung, in der Reihe Musik aus Weimars Aschebüchern, von Cantus Thuringia neu präsentiert, bevor sie nun bei Sony als Einspielung erscheint. 

Die niederländische Cembalistin Tineke Steenbrink, ist Expertin für die virtuose Tastenmusik Italiens im 17. Jahrhunderts. Als Gast von Cantus Thuringia ergänzt sie die Werke Aleottis um Instrumentalwerke ihrer Kollegen, darunter Ercola Pasquini und Luzzasco Luzzaschi. 

Interkulturelle und interreligiöse Gemeinsamkeit, Gegenüberstellung von Kunst und heterogener Lebenswirklichkeit, das gemeinsame Erleben von etwas Einzigartigem für jeden: Das ist der Kerngedanke unserer Reihe und dieses Konzertes.