NACH DEMSTURZ DES ASSAD-REGIMES: Mounaim Katir im Gespräch mit Sameh Derbas

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NACH DEMSTURZ DES ASSAD-REGIMES: Mounaim Katir im Gespräch mit Sameh Derbas

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NACH DEMSTURZ DES ASSAD-REGIMES: Mounaim Katir im Gespräch mit Sameh Derbas

Seit 1971 regierte die Familie Assad Syrien als totalitäre Diktatur. Anfang Dezember 2024 kollabierte das Regime von Baschar al Assad im Zuge von Offensiven der syrischen Opposition. Das Bündnis Hajat Tahrir al-Scham (HTS) erklärte Syrien für befreit. Unser Beauftragter für die Arbeit mit Geflüchteten, Mounaim Katir, sprach darüber mit Sameh Derbas (36 Jahre), der 2013 aus Syrien nach Deutschland flüchtete.

Sameh Derbas hat in Syrien englische Literatur studiert und später in Deutschland soziale Arbeit angeschlossen. Die Praktika während des Studiums hat er bei der Diakonie absolviert und arbeitet seit 2020 im Jugendmigrationsdienst und in der sozialen Beratung der Diakonie. Sameh Derbas ist verheiratet und hat ein Kind. Im Januar konnte er Syrien nach vielen Jahren erstmals wieder besuchen.

Mounaim Katir: Was ging Ihnen durch den Kopf, als am 8. Dezember das Assad-Regime gestürzt wurde? Was bedeutete es für Sie?

Sameh Derbas: Ich war gerade in Wien, als Assads Regime gestürzt wurde. Als ich davon erfuhr, habe ich geweint. Ich habe gedacht, warum hat er nicht früher aufgegeben und auf das Volk gehört. Warum mussten 12 Millionen Menschen flüchten, warum sind 2 Millionen Menschen verschwunden, gefoltert oder getötet? Auch mein Vater gehört dazu. Er ist 2014 verschwunden. Wir wissen, dass er tot ist, aber nicht mehr. Als ich jetzt in Syrien war, habe ich nach seinem Grab gesucht, aber keinen Hinweis darauf gefunden.

Am zweiten Tag bin ich spontan in Wien auf die Straße gegangen, um mit den Menschen zu feiern.

Mounaim Katir: Beeinflussen die aktuellen Entwicklungen Ihre Lebensplanung?

Sameh Derbas: Sicher. Aber noch weiß man ja nicht, in welche Richtung sich das Land entwickelt. Ich bin im Januar selbst nach Syrien gereist. Vor Ort ist alles zerstört und ich habe viel Armut gesehen. Das betrifft auch meine Familie vor Ort. Meine Mutter lebt dort mit meinen Geschwistern. Es war überwältigend für mich, wieder dort zu sein. Aber es ist auch ein großer Schock, zu sehen, wie viel Unheil über das Land gekommen ist.

Noch ist die Lage sehr unsicher und die Menschen warten ab, wie sie sich entwickelt. Es gibt Menschen, die zurückkehren werden, aber es gibt eben auch Menschen, die mit ihren Familien mittlerweile in Deutschland verwurzelt sind und gerne hierbleiben möchten. Viele haben sich hier etwas aufgebaut. Das merke ich auch in meinen Beratungen. Gerade für die Kinder ist Deutschland ihre Heimat geworden. Sie kennen Syrien nicht mehr. Die Diskussion hier in Deutschland führt dazu, dass viele Menschen nun Angst vor Abschiebungen haben und sich besorgt erkundigen, welche Voraussetzungen sie für eine Einbürgerung benötigen.

Mounaim Katir: Was wünschen Sie sich für Syrien?

Sameh Derbas: Ich wünsche mir, dass Europa das Land politisch und wirtschaftlich im Aufbau unterstützt. Die humanitäre Hilfe ist wichtig, aber auch die Aufhebung von Sanktionen. Deutschland hat viele Geflüchtete aufgenommen und steht hoffentlich auch jetzt weiter an der Seite der Syrerinnen und Syrer.

Ich wünsche mir, dass viele Deutsche unser Land später, wenn die Lage vor Ort stabil und sicher ist, besuchen – das wahre Syrien, in seiner vollen Schönheit und mit seiner reichen Kulturgeschichte.

Das Interview wurde auf deutsch und arabisch geführt.

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