02/07/2024 0 Kommentare
"Auf euch wartet die Freiheit" - Predigt zur Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten 2018 an der Ev. Schule Schönefeld
"Auf euch wartet die Freiheit" - Predigt zur Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten 2018 an der Ev. Schule Schönefeld
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"Auf euch wartet die Freiheit" - Predigt zur Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten 2018 an der Ev. Schule Schönefeld
Predigt am 26. Juni 2018 im Gottesdienst in der Dorfkirche Berlin-Rudow zur Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten und zur Einführung von Anja Duns-Tietz als Schulleiterin der Evangelischen Schule Schönefeld
Superintendent Dr. Christian Nottmeier, Ev. Kirchenkreis Neukölln
Predigttext: Mk 4, 26-29
Liebe Gemeinde!
Was für ein wunderbarer Tag. Nicht nur, dass wir uns auf die Ferien freuen dürfen nach einem langen Schuljahr. Nicht nur, dass wir nach vergangenem Sonntag darauf hoffen können, dass das Projekt Titelverteidigung bei der Fußballweltmeisterschaft vielleicht doch nicht ganz hoffnungslos ist. Nein, sondern v.a. auch ein schöner Tag, weil wir heute ihr und euer Abitur feiern können. Bei einigen war es vielleicht ein nach außen gar nicht so schweres Spiel, so wie ein 6:1 von England gegen Panama. Aber auch wenn das leicht aussieht, steckt da Arbeit dahinter. Bei anderen war es dann eher wie Deutschland gegen Schweden. Es brauchte noch die Nachspielzeit, um dann in wirklich allerletzter Minute noch ins Ziel zu kommen.
Aber wie dem auch sei, ihr habt es geschafft. Was für ein wunderbarer Tag, nicht nur für euch, sondern auch für eure Eltern, eure Familien. Wir Eltern sind ja manchmal etwas merkwürdige, nicht immer leicht erklärbare Wesen. Wir freuen uns mit euch, sind stolz auf euch. Aber manchmal mischt sich dann auch etwas Wehmut ein. So groß seid ihr nun schon geworden, die Zeit scheint zu fliegen, und nun ist es soweit: Die Schulzeit liegt hinter euch. Auf euch wartet die Freiheit. Ihr könnt, ihr sollt euer Leben selbst in die Hand. Das freut uns als Eltern, ganz gewiss. Aber nicht immer ist leicht, euch so ganz loszulassen. Da müsst ihr Geduld mit uns haben.
Was für ein schöner Tag: auch für eure Schule. Für alle Lehrerinnen und Lehrer. Wieder ein Abiturjahrgang, der zweite dieser Schule, nach sechs Jahre am Ziel. Da ist es schön, mit euch zu feiern. Und es ist ein guter Anlass, Anja Duns-Tietz heute auch in diesem Gottesdienst als Schulleiterin einzuführen und für diesen Dienst Gottes Segen zu erbeten.
An einem so wunderbaren Tag ist es gut, auch zurück zu blicken auf den Weg, der hinter euch liegt. Aber es soll kein nostalgischer, kein wehmütiger Rückblick sein, sondern einer, der zugleich Kraft gibt, Mut macht, Freude schenkt für das, was jetzt kommt. Das Gleichnis von der Saat, die wächst, das Jesus einmal erzählt hat und das wir eben auch in der Lesung gehört haben, soll uns deshalb in diesem Gottesdienst begleiten, uns anregen und inspirieren.
Der Erfolg der Predigt des Jesus aus Nazareth lebte und lebt von Sehnsüchten. Davon, dassich mir wünsche, dass mein Leben heil und geborgen ist. Davon, dass ich mir Mehr vom Leben verspreche, dass ich oft gar nicht recht formulieren kann. Davon, dass ein Leben möglich ist, in dem nicht Gewalt und Hass und Tod das letzte Wort habe. Nur so lässt es sich erklären, dass Jesus Menschen in seinen Bann zog. Manche nicht nur für kurze Zeit, sondern etliche so sehr, dass sie alles verließen, um im nachzufolgen. Und er heilte Menschen an Leib und Seele, mal spektakulär und publikumswirksam, dann eher im Stillen und Verborgenen. Er sprach vom Ende der Welt, auch von der kosmischen Katastrophe, die nahe sei. Aber es wahr wohl besonders die stille, die zugewandte Weise seines Wesens, die Art, wie er vom Kommen des Gottesreiches, der Herrschaft Gottes über Mensch und Welt, sprach, mit der Menschen gewann. Das wird in jenem kleinen Gleichnis von Gottesreich, das wir imEvangelium gehört haben, deutlich:
Ganz unspektakulär kann Jesus da von der Nähe und dem Anbruch der Gottesherrschaft sprechen. Unscheinbar, geradezu provozierend unauffällig kommt das Reich Gottes zu denMenschen. Ja, eigentlich müsste man den Bauern schelten, der so seinen Acker bestellt: Nur Säen, Warten und Ernten. Mehr soll nicht zu tun sein? Kein Gießen, kein Unkraut jäten, kein Zaun oder eine Vogelscheuche, um die Saat zu schätzen.
Allenfalls der Acker muss vorbereitet sein, empfänglich für die Saat, die gesät werden soll. Vielleicht ist es das, was Schule und Eltern auch für euer Wachstum tun konnten. Alles andere steht außerhalb der Macht des Bauern, der da am Werke ist. Wo es ausgesät ist, da ist das Reich Gottes schon am Werke, unsichtbar zunächst – aber es wächst, wie von selbst, der Bauer weiß nicht wie.
Tag und Nacht vergehen, schlafen gehen und wieder aufstehen – und der Same wächst, bildet sich aus, kommt zu seiner Bestimmung, wird reif und schließlich ist die Ernte da.
Das Gleichnis lebt von seiner Schlichtheit und Schönheit. Das, was in uns angelegt,
bestimmt, ausgesät ist, das soll sich auch entfalten. Gottes Reich kommt nicht nur mit äußerer Gebärde, sondern es wächst ebenso auch inwendig in uns. Es ist keineswegs nur eine Vertröstung auf ein nahes oder fernes Später, sondern es wirkt in uns, unscheinbar vielleicht zunächst, in Gesten und Worten der Zuwendung, der Liebe, des Trostes, es beginnt hier und jetzt. Gottes Herrschaft in unseren Herzen wächst dort, wo wir bereit sind, über den Sinn, das Woher und das Warum unseres Lebens zu öffnen. Manchmal wissen wir nicht wie, von selbst soll es Frucht bringen.
Das ist die schlichte, aber eben auch verstörende Botschaft von Reich Gottes. Es hat einen Anfang bei dir, bringt etwas in dir zu klingen, weckt eine Frage, ruft eine Hoffnung wach. Aber du musst nicht ständig an dir selbst arbeiten, als käme es nur darauf an. Das gilt im Übrigen auch für unsere Debatten über die Zukunft von Kirche, Schule und Gesellschaft, für die wir schlaue und gewiss gut gemeinte Konzepte und Papiere und Leitbilder erarbeiten.
Martin Luther hat in einer Predigt 1522, als es in seiner Gemeinde drunter und drüber ging, als der Reformeifer vieler überhandnahm und vor lauter Aktivismus, das Reich Gottes bauen zu wollen, vieles zerstört wurde, was über Jahrhunderte gewachsen war, folgendes gesagt:
„Ich habe allein Gottes Wort getrieben, gepredigt und geschrieben, sonst habe ich nichts getan. Das hat, wenn ich geschlafen habe, wenn ich wittenbergisch Bier mit meinem Philippus und Amsdorf getrunken habe, so viel getan, dass das Papsttum schwach geworden ist, dass ihm noch kein Fürst noch Kaiser so viel abgebrochen hat. Ich hab nichts getan, das Wort hat alles gehandelt und ausgerichtet.“
Was also Not tut, ist eben auch Geduld und Gottvertrauen und Dankbarkeit. Auch an einem so wunderbaren Tag wie diesen. Damit wir, damit ihr zuversichtlich die neuen Wege gehen könnt, die nun beginnen. Was ja nicht heißt, dass man sich einfach gehen lässt und nur schlafen und Bier trinken soll.
Aber ob wir als Menschen unsere Bestimmung erreichen, Gottes Kinder zu sein, eine
Bestimmung in unserem Leben zu finden, das hängt nicht an uns allein. Es hängt vielleicht daran, dass wir empfänglich, sensibel sind für jene Sehnsüchte, die unser Leben bestimmen. Ich hoffe, dass die Zeit an dieser Schule auch dafür eure Sinne geweckt und gefördert hat. Denn das ist wahr: Auch in dir wächst Gottes Reich; der Same geht auf und wächst – und du weißt nicht wie. Das feiern wir heute – voller Dankbarkeit und Gottvertrauen.
Amen.
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